Teilprojekt: Systematisierung konzeptioneller Ansätze zur Prävention von Kinderübergewicht in Lebenswelten
Projektstatus: abgeschlossen
Drittmittelprojekt uri icon

Projektleitung

Beschreibung

  • Ziel der Maßnahme war die Erstellung einer systematischen Übersicht von konzeptionellen Präventionsansätzen in den Lebenswelten (Kita, Schule, Kommune und Familie) von Kindern und Jugendlichen. Das Forschungsvorhaben gliederte sich in zwei Arbeitsschritte: Erstellung eines Auswertungsrasters zur Charakterisierung von Maßnahmen zur Übergewichtsprävention in den Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen sowie - Sichtung und Beschreibung der erfassten konzeptionellen Ansätze. Das Vorhaben wurde von ausgewiesenen Experteninnen und Experten durchgeführt, die sich den Interventionen in den jeweiligen Lebenswelten widmen. Weitere Expertinnen und Experten wurden punktuell einbezogen. Zum Projektende lag damit eine umfassende Analyse der konzeptionellen Ansätze zur Prävention von Kinderübergewicht in den Lebenswelten vor. Daraus lassen sich lebensweltbezogene Stärken bzw. Schwächen identifizieren sowie konkrete Handlungsempfehlungen für die Weiterentwicklung in Gesundheitsförderung und Prävention formulieren.

Projektlaufzeit

  • 15.07.2015 - 31.12.2016

Ergebniszusammenfassung

  • Ziel des Projektes war es, eine Übersicht zu konzeptionellen Ansätze in der Prävention von Kinder- und Jugendübergewicht in Deutschland zu erstellen sowie Lücken und Handlungsfelder in diesem Bereich zu identifizieren und darzulegen. Hierzu wurde im ersten Schritt ein sehr umfassender Kriterienkatalog entwickelt, um Interventionen der Übergewichtsprävention bei Kindern und Jugendlichen (0-18 Jahre) systematisch charakterisieren zu können und hieraus konzeptionelle Ansätze abzuleiten. In einem zweiten Schritt wurden mithilfe einer kriterienbasierten Recherchestrategie deutsche Interventionen in Datenbanken und mit einer Online-Befragung identifiziert. Die Recherche (Datenbankrecherchen, Online-Befragung) zu Interventionen aus den Jahren 2009-2015 in den Lebenswelten Familie, Schule und Kommune erbrachte 347 Interventionen. Von ihnen wurden 141 in die weitere Auswertung einbezogen. Die anschließende Analyse der erfassten Daten erbrachte interpretierbare Ergebnis se. Clusteranalytisch sind Typen konzeptioneller Ansätze bestimmt worden. Sie reichen von einem singulär fokussierten bis hin einem komplex koordinierten Ansatz. Durch einen Abgleich mit relevanten Variablen des Kriterienkatalogs sind generische und lebensweltspezifische Lücken bzw. Handlungsfelder bestimmt worden. Die verfügbaren Informationen zu den Interventionen reichen aber häufig nicht aus, um sie näher zu charakterisieren. Theoretische Konzeptionen werden auch oft nur summarisch-plakativ erwähnt. Zudem werden häufig nur Haupt-, aber keine Teilziele formuliert. Es fehlt dann ein differenziertes Zielsystem. Es mangelt zudem vielfach an Angaben zur Wirksamkeit. Es wurden zudem selten Hinweise gefunden, dass die Projekte in eine übergeordnete Strategie eingebettet sind. Überwiegend scheint es sich also um Einzelinterventionen zu handeln. Gender- und Diversitätsaspekte wurden in die Auswertung einbezogen: Lediglich in 27,4 % der Interventionen wurden Gender-Mainstreaming-Aspekte explizit berücksichtigt. Lebenswelt Familie: Die Ergebnisse zeigen ein heterogenes Angebotsspektrum, das insbesondere durch offene Beratungsangebote, Frühe Hilfen, Vorsorgeleistungen (im Kontext der Familienwerdung) sowie Hebammenangebote gekennzeichnet ist. Es fehlen aber vielfach schriftliche Dokumentationen der Interventionen. Es fehlt auch ein gemeinsames Verständnis von den Inhalten und wie diese vergleichbar dokumentiert werden sollen. Die Lebenswelt Familie bietet einen frühen Ansatzpunkt primärpräventiver Maßnahmen zur Prävention von Kinderübergewicht (z. B. pränatal). Viele der Interventionen verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz, der mehrere Determinanten des Übergewichts (z. B. psychische Gesundheit, Lebenskompetenzen, Bewegung, Ernährung) kombiniert. Zur theoretischen Fundierung der Interventionen (z. B. Bindungstheorie) werden zwar Hinweise gegeben, jedoch nicht weiter ausgeführt. Es fehlt vielfach auch ein strukturiertes Zielsystem für die Interventionen. Die Netzwerke Frühe Hilfen bieten ein großes Potenzial, das stärker zur Entwicklung einer lebensweltübergreifenden Gesamtstrategie genutzt werden kann. Lebenswelt KiTa: Die Auswertung basiert auf einer qualitativen Analyse von 92 eingeschlossenen Interventionen. Die Analysen verweisen auf einen bunten Teppich koexistierender, unkoordinierter Maßnahmen von verschiedener Nutzungshäufigkeit, Wiederholungs- bzw. Umsetzungsdauer (für aufeinander folgende Kindergenerationen) und Implementationstiefe. Viele Programmbeschreibungen sind unvollständig, wesentliche Merkmale des Vorgehens der Interventionen sind intransparent, sodass die Durchführungsqualität und damit die erwartbare Wirksamkeit nicht einzuschätzen sind. Vielfältige strukturnahe Prozesskriterien konnten identifiziert werden Es fehlen aber übergreifende, fachlich gesteuerte Förderprogramme zur systematischen Verankerung der Bedingungen geeigneter Programme in den Einrichtungen. Es fehlt somit eine Instanz oder eine Liste geeigneter Informationen, die Träger und Fachkräfte befähigen, zueinander passende und aufeinander aufbauende Interventionen auszuwählen. Lebenswelt Schule:. Nur 5 % aller Schulinterventionen haben eine verhältnispräventive Ausrichtung. Weitere 48 % lassen sich als Mischansätze charakterisieren, jedoch überwiegt auch hier in der Hälfte der Fälle ein auf das individuelle Verhalten fokussiertes Vorgehen. Weiterhin berücksichtigen lediglich 15 % bis 25 % der Interventionen geschlechts- und diversitätsbezogene Aspekte (Inklusion) oder Chancen, die die Ganztagsschulentwicklung (z. B. Gestaltung der Mittagsversorgung) bietet. Schließlich kann festgestellt werden, dass Interventionen nicht ausreichend an Transitionsphasen, d. h. wichtigen Übergängen im Lebensverlauf von Kindern und Jugendlichen ausgerichtet sind. Lebenswelt Kommune: Die kontinuierliche Passung mit lokalen Rahmenbedingungen, die als ein zentraler Erfolgsfaktor gilt, wird lediglich b ei einem Drittel der Interventionen umgesetzt. Die Interventionen sind vorwiegend offen konzipiert und werden niederschwellig und gendersensibel gestaltet, sind aber bezüglich der Übergewichtsprävention häufig unspezifisch und werden oft nicht mit der dafür erforderlichen fachlichen Expertise durchgeführt. In mehr als der Hälfte der Interventionen finden sich generelle Hinweise auf Partizipation der Adressaten in die Planung und Umsetzung. Bei rund der Hälfte der betrachteten Maßnahmen kann zudem von adressatengerechten Zugangswegen ausgegangen werden. In der Tendenz sind längere Laufzeiten erkennbar, wenn die Interventionen lebensweltübergreifend sind und einen programmatischen Charakter haben. Da die Interventionen überwiegend verhaltensbezogen sind, fehlt es an adressatenspezifischer Verhältnisprävention. Als Schlussfolgerungen werden die folgenden Handlungsempfehlungen zur Verbesserung von Transparenz, Koordination und Wirkungssicherung aller konzeptionellen Ansätze formuliert. Sie beziehen sich auf: Erkenntnisse/Forschung: (1) Lücken in der wissensch aftlichen Evidenz schließen; (2) Nutzerorientierte Systematisierung der Interventionen zur Übergewichtsprävention aufbauen; (3) Transdisziplinäre Vernetzung und Steuerung fördern. Entwicklung: (1) Clearing- und Beratungsstellen einrichten; (2) Planer/-innen und Entwickler/-innen qualifizieren; (3) Evidenzbasierte Planungsverfahren einführen; (4) Interventions-Bibliothek einrichten; (5) Interventions-Baukasten zur Verfügung stellen: vom Einzelprojekt zur Gesamtstrategie; (6) Lebensweltübergreifende Ansätze ausbauen; (7) Ausgewählte Struktur- und Prozessmerkmale gezielt fördern; (8) Leitgedanken der universellen Prävention verankern; (9) Kinder und Jugendliche beteiligen. 10 Qualität: (1) Planungsqualität finanziell und strategisch fördern; (2) Einheitliche Projektsteckbriefe von der Antragstellung bis zur Datenban k etablieren; (3) Voraussetzungen für Verstetigung schaffen. Angebotslage: (1) Transparenz und Qualität bestehen der Präventionsangebote verbessern; (2) Versorgungsanalyse vornehmen. Bezogen auf die einzelnen Lebenswelten gibt es die folgenden Handlungsempfehlungen: Familie: (1) Familie ganzheitlich betrachten; (2) Adressatenspezifische Zugangswege und Angebotsformen ausbauen; (3) Selektive Prävention ausbauen; (4) Väter in den Blick nehmen; (5) Transitionskompetenz stärken; (6) Gesundheitsziele rund um die Geburt erweitern; (7) Flächendeckende eigenständige Versorgung sicherstellen; (8) Vernetzte Versorgung ausbauen. KiTa: Die generischen Handlungsempfehlungen „Clearing und Beratungsstellen“, „Interventions-Bibliothek, „“Interventions-Baukasten“ und „V ersorgungsanalyse“ spielen für den Bereich Kita eine zentrale Rolle und können gegebenenfalls differenziert werden. Schule: (1) Niederschwelligen Informationsaustausch zur universellen Prävention schaffen; (2) Prävention in Schulentwicklung integrieren. Kommune: Übertragbare kommunale Gesamtstrategie entwickeln, das bedeutet im Einzelnen: (1) Prävention in kommunale Policy-Programme integrieren; (2) Strukturbildung und Kapazitätsentwicklung fördern; (3) Integrierte kommunale Sozial- und Gesundheitsberichterstattung konsequenter aufbauen; (4) Kommunale [Grün-]Flächenplanung miteinbeziehen; (5) Prävention in die Gemeinwesenarbeit sowie in die Kinder- und Jugendhilfe integrieren; (6) Ausbau und Nutzung einer „Community-Campus-Partnership“; (7) Ländliche Regionen fördern.

Schlagwörter

  • Determinanten der Gesundheit
  • Gesundheitsbezogene Interventionen
  • New Public Health

Organisationseinheit

Finanzierung durch

Bewilligungssumme

  • 50.589,46 €
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