Hormonspritze. Ist Alzheimer von Mensch zu Mensch übertragbar?
- 13.11.2015
- Die Alzheimer-Krankheit ist eine fortschreitende, leider immer noch unheilbare Gehirnstörung, die durch Gedächtnisverlust und Verwirrtheit charakterisiert ist und vor allem alte Menschen betrifft. Allein in Deutschland leiden über eine Million Menschen an der Krankheit. Bei diesen Zahlen und bei dem Krankheitsbild ist es natürlich erschreckend, wenn sich herausstellen sollte, dass die Erkrankung übertragbar ist. Was ist an dieser Behauptung dran? Londoner Wissenschaftler haben dieses Jahr in einem viel gelesenen Fachblatt veröffentlicht, dass Patienten, die vor etwa 30 Jahren eine Hormontherapie erhalten hatten und an der Creutzfeld-Jakob-Krankheit – einer Prionkrankheit ähnlich des Rinderwahnsinns BSE – gestorben sind, häufig auch sogenannte A-Plaques entwickelt haben, die bei Alzheimer-Kranken im Gehirn auftreten. Man geht davon aus, dass die Patienten durch Prione infiziert wurden, da die Hormonpräparate, die bis Mitte der 80er Jahre verabreicht wurden, aus den Gehirnen von Verstorbenen isoliert worden waren. Wahrscheinlich waren unter den Spendern auch Creutzfeld-Jakob-Kranke, sodass die Krankheit über die Hirnpräparate übertragen wurde. Sehr wahrscheinlich waren auch Alzheimer-Kranke unter den Spendern. Da die in London untersuchten Verstorbenen für die „normale“ Form der Alzheimer Krankheit zu jung waren, besteht der Verdacht, dass sie – neben der Creutzfeld-Jakob-Krankheit – auch mit den A-Eiweißen infiziert wurden, dass also auch A Prion-ähnliche Eigenschaften hat. Tatsächlich gibt es auch tierexperimentelle Daten, die in dieselbe Richtung gehen: Als Extrakte des Hirns von Alzheimer-Patienten in den Bauchraum bestimmter MäuseStämme injiziert wurden, entwickelten diese A-Plaques im Gehirn. Wie kann man die Ergebnisse einordnen? Zunächst muss festgehalten werden, dass von den sieben in London untersuchten Verstorbenen mit A-Plaques keiner auch die zweite definierende Komponente der Alzheimer-Krankheit – die sogenannten Alzheimer-Fibrillen – aufwies. Streng genommen hatte also keiner der Patienten die Alzheimer-Krankheit. Das schließt natürlich nicht aus, dass sie möglicherweise später die Krankheit entwickelt hätten, wenn sie nicht bereits zuvor an der Creutzfeld-Jakob-Krankheit verstorben wären. Zum Zweiten gibt es keinerlei Evidenz aus epidemiologischen Studien, dass die Alzheimer-Krankheit übertragbar ist. Insbesondere gibt es keine Hinweise, dass dies zum Beispiel durch Bluttransfusionen geschehen könnte. Darauf weisen im Übrigen auch die Autoren der Londoner Studie ausdrücklich hin. Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, mögliche Konsequenzen zu bedenken. Bei den Patienten handelte es sich um Opfer einer Erkrankung, die durch eine ärztliche Maßnahme erst erzeugt wurde. Wenn A tatsächlich Prion-ähnliche Eigenschaften hat und ähnlich übertragen werden kann, muss sichergestellt werden, dass chirurgische Instrumente bei Gehirnoperationen absolut frei von den entsprechenden Eiweißen sind. Das ist gar nicht so einfach, da A gut an Metalle bindet und sehr resistent gegenüber gängigen Sterilisationsverfahren ist. Es muss auch sichergestellt werden, dass Blutprodukte keine der potenziellen Krankheitserreger enthalten. Für das tägliche Leben ändert sich meines Erachtens aber aufgrund dieser Befunde wenig. Ich gehe ohnehin davon aus, dass Sie nicht planen, sich den Hirnextrakt eines Alzheimer-Patienten in die Bauchhöhle zu injizieren.