Cybermobbing. Denn sie wissen nicht, was sie tun?
- 13.11.2015
- Die fünfzehnjährige Kanadierin Amanda Todd wurde über soziale Netzwerke im Internet so lange gedemütigt, drangsaliert und bedroht, bis sie keinen anderen Ausweg mehr sah, als ihrem Leben ein Ende zu setzen. Auch wenn Selbstmord als Reaktion auf den digitalen Terror die Ausnahme darstellt, handelt es sich beim sogenannten Cybermobbing unter Kindern und Jugendlichen um ein ernstzunehmendes Problem. Die Betroffenen ziehen sich sozial zurück, leiden oft unter Schlaf- und Angststörungen oder suchen Trost und Vergessen durch Alkohol und Drogen. Von Cybermobbing spricht man, wenn Täter ein Opfer absichtlich und über einen längeren Zeitraum wiederholt psychisch schädigen und sich dabei digitaler Medien, wie Internet oder Mobiltelefon bedienen. Einer repräsentativen bundesweiten Umfrage an 14- bis 20-Jährigen zufolge bezeichnen sich sechs Prozent der Befragten direkt als Opfer von Cybermobbing in diesem Sinne und acht Prozent als Täter. Eine europaweite Umfrage an 9- bis 16Jährigen kommt zu etwas geringeren Zahlen. Der Anteil wird deutlich höher, wenn man auch einmalige oder gelegentliche Vorkommnisse berücksichtigt. Viele vom Cybermobbing Betroffenen fühlen sich noch machtloser als beim „konventionellen Mobbing“ auf dem Schulhof, weil die Schmach nicht nach Unterrichtsschluss endet. Werden zum Beispiel peinliche Videos oder Fotos einmal im Netz verbreitet, bleiben sie auf unabsehbare Zeit einem nahezu unbegrenzten Publikum zugänglich. Cybermobbing unterscheidet sich nicht nur für die Opfer, sondern auch für die Täter vom herkömmlichen Mobbing. Da Täter in vielen Fällen anonym sind, brauchen sie oft keine Konsequenzen zu fürchten. Während das Mobbing auf dem Schulhof eine gewisse soziale oder physische Überlegenheit der Täter voraussetzt, trauen sich im Internet auch die schwachen und sozial wenig akzeptierten zu mobben. So werden Mobbingopfer selbst zu Tätern, deren angekratztes Selbstwertgefühl zum Beispiel dadurch erhöht wird, dass andere ihre Taten in sozialen Netzen gutheißen und positiv bewerten. Die Schädigung anderer geschieht nicht immer in böser Absicht. Manchmal laden Jugendliche Videos von Freunden hoch, weil sie diese lustig finden und dies mit anderen teilen möchten. Dass die Freunde dadurch zum Gespött ihrer Mitschüler werden können, bedenken sie dabei nicht. Aber selbst wenn eine Tat darauf abzielt, dem Opfer zu schaden, sind die Täter sich häufig der Folgen ihres Handelns nicht in vollem Umfang bewusst. Zum einen, weil sie die Tränen und die Verzweiflung der Opfer nicht sehen können, und zum anderen, weil die Kommunikation in vielen Fällen zeitversetzt ist. Durch die fehlende Rückkopplung entsteht Mitleid nicht oder nur eingeschränkt, was die Täter weiter enthemmt. An dieser Stelle setzen Präventionsprogramme wie zum Beispiel Klicksave.de an. Sie sollen Kindern und Jugendlichen anhand konkreter Beispiele verdeutlichen, was sie anderen antun und sie für die Folgen von Cyberattacken sensibilisieren. Die Programme zeigen auch Handlungsmöglichkeiten für Cyberopfer auf, allen voran wird die Notwendigkeit betont, sich Unterstützung zu suchen, statt die eigene Not zu verheimlichen.