Kreuz, Halbmond, Davidsstern. Was bedeuten uns Symbole?
- 14.11.2014
- Menschen brauchen Symbole. Symbole ermöglichen Orientierung, sie geben Halt und vermitteln dem Einzelnen das Gefühl, Teil eines größeren Ganzen zu sein. Das gilt für den Trauring am Finger und das Vorhängeschloss an der Hasebrücke. Das gilt für das Logo eines Vereins und den Schal einer Fußballmannschaft. Das gilt für das Tattoo auf dem Rücken und das Trikot eines Marathonlaufs. Und Religionen brauchen Symbole. In einem Symbol finden spezifische Inhalte einer Religion einen repräsentativen Ausdruck. Ein Symbol steht für das Ganze oder für den Kern. Es vergegenwärtigt diesen – und ermöglicht Identifikation. Das Kreuz war nicht von Anfang an Symbol des Christentums, denn die frühen Christen scheuten Abbildungen. Erst ab dem 4. Jahrhundert entwickelte es sich zum zentralen Symbol des Christentums. Es erinnert an den Tod Jesu am Kreuz im Jahre 30 und daran, dass dieser qualvolle, und auf den ersten Blick sinnlose, Tod das Zentrum und den Ausgangspunkt der christlichen Religion bildete; weil die ersten Christen im Nachhinein diesem Tod Sinn abgewinnen, ihn als letzte Konsequenz eines Lebens für andere verstehen konnten. Die Auseinandersetzung mit und die Bewältigung von Tod, Leid, Schuld und Versagen war und ist zentral für die christliche Religion. Das Kreuz findet sich in allen Kirchen – außer in reformierten, die auf Bilder ganz verzichten – und es ziert viele Kirchtürme. Der Halbmond, besser die Mondsichel, arabisch Hilal, als Symbol des Islam hat nicht den gleichen Stellenwert wie das Kreuz im Christentum. Er wurde seit dem 15. Jahrhundert von den Osmanen benutzt und war weniger ein religiöses Symbol als eines für die Ausdehnung der moslemischen Herrschaft. Anders als bei uns in Europa liegt die Sichel in Vorderasien horizontal. Als Fruchtbarer Halbmond wird seit dem frühen 20. Jahrhundert das Kerngebiet des Islam – von Palästina über Syrien bis in den Irak – bezeichnet, ein wasserreiches Gebiet, das wie eine Mondsichel die wasserarme arabische Halbinsel umspannt. Die Mondsichel bietet aber auch Raum für religiöse Deutungen, denn der islamische Kalender orientiert sich am Mond. Zum Beispiel beginnt der Fastenmonat Ramadan mit dem Erscheinen der Mondsichel am Himmel. Heute ziert der Halbmond die Flagge vieler islamischer Staaten, darunter die Flagge der Türkei. Er findet sich auch in Moscheen, häufig auf dem Minarett. Der sechszackige Davidstern, hebräisch Magen David, Schutzschild Davids, als Symbol des Judentums hat ebenfalls nicht den gleichen Stellenwert wie das Kreuz im Christentum. Er besteht aus zwei ineinander verschlungenen Dreiecken, was viele Deutungen ermöglicht. Der jüdische Philosoph Franz Rosenzweig sah in dem einen Dreieck Gott, Welt, Mensch, im anderen Schöpfung, Offenbarung, Erlösung symbolisiert. Im Mittelalter war der Davidstern erstmals im Kontext jüdischer Magie aufgetaucht und wurde im 14. Jahrhundert, zunächst in Prag, zu einem Symbol des Judentums. Im Nationalsozialismus wurde er den Juden aufgezwungen. Schon vorher war er aber im Zionismus Symbol für die jüdische Nationalbewegung geworden, und so kam er 1948 bei der Gründung des Staates Israel auf die Flagge. Der Davidstern ist aber auch an und in vielen Synagogen zu sehen. Mondsichel und Davidstern finden sich auch in der christlichen Kunst: die Mondsichel in Verbindung mit Maria, zum Beispiel im Osnabrücker Dom; der Davidstern als bloßes Ornament, zum Beispiel an der Marktkirche Hannover. Die Symbole des Islam und des Judentums sind somit auch Symbole für die Verbindung der drei Religionen Christentum, Judentum und Islam.