Alarm Schädlingsbefall. Wie leiten Pflanzen Reize weiter?
- 15.11.2013
- Pflanzen als Primärproduzenten halten wertvolle Nahrungsstoffe für alle Konsumenten bereit und müssen sich vor ihnen daher auch entsprechend schützen, um nicht vollends vertilgt und vernichtet zu werden. Sie nehmen den Befall durch Schadorganismen unmittelbar wahr – von Mikroorganismen angefangen über Pilze, Insekten bis hin zu Pflanzenfressern – und können eine große Palette von Maßnahmen in Gang setzen, die dem Angreifer den Genuss vereiteln sollen; sie setzen sich zur Wehr. Wie funktioniert dies? Bei der ersten Verletzung der Zellwand entstehende Bruchstücke signalisieren Befall. Sie werden von Zellrezeptoren gebunden und setzen in den Zellen ein ganzes Abwehrprogramm in Gang. Sie verursachen in diesen unmittelbar verletzten Zellen den Bau von Wandverstärkungen, um das weitere Vordringen von Mikroorganismen in das Gewebe zu verhindern. Auch Stoffe, die den Zellinhalt für den Fressfeind giftig oder unverdaulich machen, werden gebildet und aggressive Sauerstoffradikale als Teil des Erste-Hilfe-Programms freigesetzt. Diese Zellen an der unmittelbaren Verletzungsstelle senden Alarmsignale an die übrige Pflanze und an Nachbarpflanzen aus, teils als flüchtige Pflanzenhormone, und sterben dann selbst ab. Die Orte dieser lokalen hypersensitiven Antwort sind dann als kleine schwarze Flecken sichtbar und zeigen die erfolgreiche Abwehr an. Die übrige Pflanze, die nicht direkt angegriffen wurde, auch neues Gewebe sowie sogar benachbarte Pflanzen, die die über das Leitgewebe transportierten oder flüchtigen Signalstoffe empfangen, bauen nun eine so genannte erworbene Resistenz auf und werden immun gegenüber weiterem Befall. So wird der weiteren Ausbreitung des Schadorganismus Einhalt geboten. Die Pflanze wird als Nahrung unattraktiv, denn es werden Stoffe von hoher Wirksamkeit gebildet, die in die Physiologie und Entwicklung des Schadorganismus eingreifen, ihn verhungern lassen oder ihn direkt vergiften. All diese hochwirksamen Stoffe, die Pflanzen zu ihrem Schutz entweder bereits vor einem Befall bereithalten oder die sie, wie gerade erläutert, auf die von der Befallsstelle ausgesandten Signale hin erst verstärkt bilden, sind es übrigens, die wir als Aromen, Genussmittel oder Arzneistoffe in Gewürzen oder Drogenpflanzen schätzen. Als störende Begleitstoffe in unseren Grundnahrungsmitteln sind sie jedoch durch Züchtung verloren gegangen, da sie bitteren Geschmack oder schädliche Nebenwirkungen beim Verzehr verursachen. Diese auf hohen Ertrag gezüchteten Nutzpflanzen benötigen dann unsere Hilfe bei ihrer Kultivierung und müssen durch Pestizide vor Schädlingsbefall geschützt werden, denn ihr natürliches Alarm- und Abwehrsystem ist nicht mehr vorhanden.