Bodybuilding. Ein Körperkult, der krank macht?
- 15.11.2013
- Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper betrifft weiterhin vor allem Frauen, zunehmend aber auch Männer. Während das weibliche Schönheitsideal eher in Richtung Schlankheit geht, streben Männer zumeist einen muskulösen Körperbau bei gleichzeitig geringem Fettanteil an, was sich bereits in jungem Alter zeigt. So sahen in einer Studie fast die Hälfte der befragten Siebtklässler einen sehr muskulösen Körper als ihr Ideal an. Der Trend in Richtung Muskulosität spiegelt sich nicht nur in einer vermehrten Präsenz unbekleideter Männerkörper wider, sondern auch in einer Zunahme an Muskelmasse der dargestellten Personen. Anekdotisch ist zu erwähnen, dass die Rollen von Batman und James Bond in den Neuauflagen der letzten Jahre mit sehr muskulösen Darstellern besetzt wurden. Mittlerweile wurde in verschiedenen psychologischen Experimenten gezeigt, dass die mediale Darstellung von ausgeprägter Muskulosität zu einer verstärkten körperlichen Unzufriedenheit, schlechterer Stimmung und einem verringerten Selbstwertgefühl sowie zu exzessivem Sporttreiben führt. Dieser Effekt scheint sich insbesondere bei denjenigen Personen einzustellen, die ihren Körper sowieso schon sehr negativ bewerten. Bei ihnen kann diese Unzufriedenheit Ausdruck einer sogenannten »Muskeldysmorphie« sein. Sie wurde kürzlich im Klassifikationssystem »Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen« erstmalig als psychische Erkrankung aufgenommen, und zwar als Sonderform der Körperdysmorphen Störung. Letztere ist unter anderem durch eine übermäßige Beschäftigung mit einem vermeintlichen Mangel im körperlichen Aussehen gekennzeichnet. Bei der Muskeldysmorphie ist dies die Befürchtung, zu schmächtig zu sein, auch wenn die betreffenden Personen tatsächlich oft sehr muskulös sind. Diese verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers führt zu einem deutlichen Leiden der Betroffenen in sozialen und beruflichen Bereichen, da sich das Denken, Fühlen und Handeln hauptsächlich um den vermeintlichen Mangel dreht und häufig exzessives Krafttraining zum Muskelaufbau betrieben wird. Konsequenzen der Muskeldysmorphie liegen neben depressiven Verstimmungen und Essstörungen in den erhöhten Raten von Suizidversuchen, die Studien zufolge von mehr als der Hälfte der Betroffenen verübt werden. Ebenfalls schwerwiegend sind oft auch die Nebenwirkungen der von einigen Bodybuildern zum Muskelaufbau eingesetzten Substanzen. Anabol-Androgene Steroide beispielsweise können auf psychischer Seite Aggressivität, manische Symptome und Depressivität sowie Veränderungen im sexuellen Verlangen nach sich ziehen. Die körperlichen Nebenwirkungen umfassen unter anderem Herz-Kreislauferkrankungen, Leberschäden, Akne, eine schmerzhafte Vergrößerung des Brustdrüsengewebes sowie Schäden des Bewegungsapparates durch Überlastung. Beim Thema Bodybuilding ist jedoch nicht zu vergessen, dass moderater Kraftsport generell nicht problematisch ist. Im Gegenteil – die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt ihn sogar mit zwei Einheiten pro Woche.