Eurokrise. Hilft ein Schuldenschnitt? Sollte Griechenland den Euro verlassen?
- 15.11.2013
- Zunächst ein kurzer Rückblick: Nach dem Beitritt zum EuroWährungsgebiet 2002 hat Griechenland wie viele andere Schwellenländer auch enorme private Kapitalzuströme erlebt. Finanziert wurden damit sowohl staatliche Defizite als auch privater Konsumüberschuss. Die öffentlichen Schulden verdoppelten sich in etwa von rund 150 Milliarden Euro in 2002 auf 300 Milliarden in 2010. Im Mai 2010 fiel der Preis für griechische Staatspapiere daraufhin in den Keller, die effektiven Renditen gingen entsprechend in die Höhe. Griechenland war pleite. Barkleys Capital, ein britisches Finanzunternehmen, erklärte wenig später, Griechenland sei unter allen plausiblen Szenarien nicht mehr in der Lage, seine Schulden zurückzuzahlen. Auch bei der besten denkbaren künftigen Entwicklung seien die erwarteten Steuerüberschüsse zu klein. Verschiedene Rettungspakete sorgten dafür, dass Griechenland die Kredite dennoch bei Fälligkeit zurückzahlen konnte. Noch wichtiger war jedoch die Entscheidung der EZB, griechische Staatspapiere trotz fehlender Bonität als Sicherheiten zu akzeptieren. Dies führte dazu, dass der Staat sich auch weiterhin verschulden konnte: durch den Verkauf von Staatspapieren an Banken, die diese postwendend als Sicherheiten bei der griechischen Notenbank hinterlegten und dafür frisch »gedrucktes« Geld bekamen – natürlich elektronisch, ausgezahlt auf ihr Reservekonto bei der Notenbank, nicht auf Papier. Die Folge der Rettungsmaßnahmen war eine schleichende Substitution von privaten Gläubigern durch öffentliche Gläubiger. Erst im Februar 2012 gab es einen ersten Schuldenschnitt, bei dem die verbleibenden Gläubiger auf 107 Milliarden Euro verzichten mussten. Wie freiwillig dies wirklich war, gilt als umstritten. Im Ergebnis dieses Schuldenschnittes war Griechenland jedoch nicht entschuldet, sondern fiel lediglich auf genau diejenige Schuldenstandquote zurück, die es im Mai 2010 bei seiner ersten Insolvenz bereits hatte! Zum heutigen Zeitpunkt sind praktisch keine privaten Gläubiger mehr vorhanden. Die gesamten Schulden Griechenlands sind gegenüber dem EZBSystem und den öffentlichen Rettungsschirmen. Ein weiterer Schuldenschnitt würde also im vollen Umfang die Steuerzahler derjenigen Länder belasten, die für Griechenland gebürgt haben. Nun zur Frage: Hilft ein (weiterer) Schuldenschnitt? Ja, aber nur, wenn die Notenbanken künftig nur noch marktfähige Wertpapiere als Sicherheiten akzeptieren. Anderenfalls wäre es ein Fass ohne Boden. Zur zweiten Frage: Soll Griechenland austreten? Wenn ich Berater der griechischen Regierung wäre, würde ich empfehlen auszutreten. Von den Rettungsgeldern profitieren nämlich nicht die Griechen, sondern deren Investoren, die irgendwo auf der Welt verstreut sind. Eine Preissenkung im Euro schadet der griechischen Volkswirtschaft zudem mehr als eine offene Abwertung. Aus deutscher Perspektive wäre ich mit der gleichen Empfehlung vorsichtiger. Besser wäre es, Reformen im Euro-System zu fordern, die eine exzessive Nutzung der Notenpresse sowie der Rettungsschirme unterbindet.