Guttenberg, Koch-Mehrin. Plagiate, (k)ein Fall für die
Universität Osnabrück?
- 11.11.2011
- Die Frage provoziert eine Gegenfrage: Warum sollten Plagiate kein Fall für die Universität Osnabrück sein? Den Konkurrenzdruck in der Wissenschaft spüren wir in Osnabrück genauso wie andernorts. Bisher sind wir in der guten Position, dass wir von keinem Fall wissen, in dem wie in den genannten Beispielen die Promotionsurkunde bereits ausgehändigt und erst dann das Plagiat erkannt wurde. Das bedeutet aber nicht, dass es keine schwarzen Schafe in Osnabrück gibt: eine in perfektem Deutsch abgefasste Arbeit, obwohl der Kandidat in der mündlichen Verteidigung ein sehr gebrochenes Deutsch sprach. Eine Arbeit, in der der Betreuer beim besten Willen nicht die Gedankenwelt des Doktoranden erkennen kann, der drei Jahre mit ihm zusammen gearbeitet hat. Solche Fälle hat es auch an der Uni Osnabrück gegeben – aber sie sind jeweils im Verlauf des Promotionsverfahrens »aufgeflogen«. Unsere internen Kontrollmechanismen haben funktioniert. Sie haben funktioniert, ohne dass eine Plagiatssoftware oder eine andere technische Lösung verwendet wurde. Viel wichtiger ist der enge Kontakt zwischen Doktorand und Betreuern. Diese können die Inkonsistenz zwischen der Person und der vorgelegten Doktorarbeit erkennen. Für die Qualitätssicherung bei der wissenschaftlichen Arbeit ist das der wesentliche Punkt. Denn Plagiate sind nur eine Form des wissenschaftlichen Fehlverhaltens. Gegen diese Verletzung des geistigen Eigentums hilft Plagiatssoftware, gegen andere Formen wissenschaftlichen Fehlverhaltens jedoch nicht. Plagiate bzw. deren Aufspüren ist im Augenblick ein aktuelles Thema – weil die technischen Möglichkeiten für beides, das Plagiat durch »copy and paste« und den Nachweis des Plagiats durch die großen Sammlungen elektronischer Texte, einfach geworden sind. Darüber wird ein gerade in den Lebens- und Naturwissenschaften wesentlich problematischeres wissenschaftliches Fehlverhalten in den Hintergrund gedrängt: die Manipulation von Daten bis hin zur Fälschung. Zu dem Problem des wissenschaftlichen Fehlverhaltens gesellt sich hier z. B. in der Medikamentenforschung sogar noch das Problem möglicher Schäden. Plagiatssoftware hilft hier nicht. Wie in den eingangs beschriebenen Beispielen kann auch hier am ehesten gute und enge Betreuung das Risiko wissenschaftlichen Fehlverhaltens senken. Das Vorleben eines korrekten Umgangs mit Inhalten und Daten, die Entwicklung eines auch dem Konkurrenzdruck standhaltenden Selbstverständnisses bezüglich ethisch und wissenschaftlich korrekten Verhaltens muss den Doktoranden den Maßstab liefern – eine Plagiatssoftware kann zwar diesen einen Aspekt wissenschaftlichen Fehlverhaltens aufzeigen, die Entwicklung und die Anwendung von Regeln und Qualitätsstandards dagegen ist unerlässlich für die langfristige Qualitätssicherung in Ausbildung und Wissenschaft.