Facebook & Co. Wie anonym ist das Internet?
- 11.11.2011
- Unter Anonymität verstehen wir den Zustand, dass eine Person aufgrund ihres Verhaltens nicht identifiziert werden kann.In einer Welt ohne Computer ist das zunächst meistens der Fall. Aber wenn Sie auf der Dielingerstraße von Ihrem Nachbarn beim Verlassen des Beate-Uhse-Ladens beobachtet werden, dann sind Sie natürlich enttarnt und diese Information macht dann vielleicht im Tennisclub die Runde. In einer Welt mit Computern könnten Sie dagegen den »Schulmädchenreport Teil 7« in einem Online-Shop kaufen und sich die Ware in einem neutralen Umschlag nach Hause schicken lassen. Aber wir ahnen nun, dass im Hintergrund eine gewisse technische Infrastruktur werkelt, die zur Überwachung missbraucht werden kann. Da ist zunächst mal die sogenannte IP-Adresse, welche jeden Computer, der am Internet beteiligt ist, eindeutig identifiziert. In der Gründerphase entschied man sich für eine 32stellige Binärzahl, mit der sich mehr als vier Milliarden Adressen darstellen ließen. Nach 30 Jahren stürmischen Wachstums wurden die Adressen langsam knapp, und in den Anfangstagen von DSL bekamen Sie von ihrem Internet Service Provider bei jeder Einwahl eine neue IP, da er mehr Kunden betreute als er Adressen gekauft hatte. Das sorgte schon mal automatisch für eine gewisse Anonymität. Kürzlich wurde das Adressformat auf 128 Bit erweitert, so dass wir nun auf unserem Planeten pro Quadratmillimeter 600 Billiarden Adressen zur Verfügung haben. Das ist mehr als genug, um auch jeden Kühlschrank und Toaster ins Netzwerk einzubinden. Was hat das mit Anonymität zu tun? Nun, falls unser neuer Fernseher einen Internetanschluss hat, so kann er die Liste der von uns geguckten Sendungen an den Hersteller schicken. Der kommt natürlich mit der IP-Adresse alleine nicht weiter, aber wenn wir den Fernseher freiwillig mit Name und Postanschrift registriert haben, so ist unser Fernsehverhalten nicht mehr anonym. Ähnlich ist es bei Google. Jede Suchanfrage, die wir stellen (auch die nach dem Schulmädchenreport Teil 7) wird bei Google gespeichert und ausgewertet. Zunächst anonym. Wenn Sie aber bei Google Ihren Kalender pflegen und deswegen mit ihrem Benutzer-Namen eingeloggt sind, so können alle Ihre Anfragen Ihrer Person zugeordnet werden. Gehen wir einen Schritt weiter. Wenn Sie ein Konto bei Facebook haben und Sie stündlich über ihre Darmtätigkeit auf der Pinnwand posten, so erfahren das alle ihre Freunde, aber natürlich auch Facebook. Kürzlich hat ein Jurastudent aus Wien die Herausgabe seiner bei Facebook gespeicherten Daten erzwungen. Er erhielt eine CD mit einem Dokument über 1200 DIN-A4-Seiten. Dort waren auch Chat-Protokolle gelistet, die der Benutzer schon längst gelöscht hatte. Aber wundert uns das? Facebook will ja nicht unsere Freundschaften pflegen, sondern Umsatz machen, und daher verkauft es unsere Vorlieben an Firmen, die daraus maßgeschneiderte Werbung generieren. Aber außerhalb des Internets passiert genau dasselbe an jeder Supermarktkasse, an der Sie mit Ihrer Paybackkarte bezahlen.