Dick oder dünn: Wie steuert das Gehirn unser Essverhalten?
- 13.11.2009
- Bei den Faktoren, die unser Essverhalten und damit auch die Höhe unseres Körpergewichts regulieren, kommt dem Gehirn eine wichtige Rolle zu. Warum? Das Gehirn ist zum einen Empfangsstation für solche Signale unseres Körpers, die Sättigung oder auch das Ausmaß des Körperfetts »melden«. Zum anderen ist es Initiator des Verhaltens, das je nach eingehendem Signal nachfolgendes Essverhalten fördert oder hemmt. Ich möchte dies hier ausschnittartig erläutern. Dabei werde ich besonders auf das Hormon Insulin eingehen. Beginnen wir zunächst mit Signalen für Sättigung. Das Gehirn besitzt Rezeptoren, also Empfangsstellen, für solche Hormone, die akut während einer Mahlzeit im Magen-Darmtrakt freigesetzt werden und Rückmeldung über die Zusammensetzung der Nahrung und den Grad der Sättigung geben. Sie können damit Anzahl, Abstand und Größe der Mahlzeiten begrenzen. Das hier am häufigsten untersuchte Hormon ist das so genannte Cholecystokinin. Signale für längerfristige Energievorräte sind die Hormone Insulin und Leptin. Insulin wird in der Bauchspeicheldrüse typischerweise bei Anstieg des Blutzuckerspiegels gebildet. Die Höhe des Insulinspiegels steht aber auch in engem Zusammenhang mit der Höhe des Körperfettspiegels. Dabei spiegelt Insulin speziell die typische männliche Fettverteilung (im Bauchbereich) wider. Die typische Fettverteilung bei Frauen (im Hüftbereich) wird besser durch das Hormon Leptin signalisiert, das von Fettzellen gebildet wird. Was ergibt sich daraus? Das Gehirn sollte speziell bei Männern für Insulin empfindlich sein und auf Insulinanstieg mit einer Abnahme der Nahrungsaufnahme reagieren. Wir untersuchen in meiner Arbeitsgruppe deshalb die Wirkungen von Insulin bei Männern und Frauen. Wir verabreichen Insulin mittels Nasenspray: Es kann dann direkt ins Gehirn gelangen. Wir fanden erwartungsgemäß, dass Insulin nur bei Männern, nicht bei Frauen, das nachfolgende Essverhalten reduzierte. Wir wissen aber auch, dass bei Übergewichtigen diese Signalfunktion von Insulin nicht gut oder gar nicht funktioniert Welche weiteren psychologisch relevanten Prozesse sind im Gehirn bei der Regulation von Essverhalten wirksam? Es sind Lernprozesse der Pavlovschen Konditionierung: So lernen wir schon bei Umweltreizen, die zuverlässig Nahrung ankündigen (wie Geruch oder die typische Uhrzeit der Mahlzeit), mit Insulinanstieg zu reagieren und nicht bis zum Anstieg des Blutzuckerspiegels zu warten. Dies ist die so genannte cephalische oder antizipatorische Insulinsekretion. Sie hilft dem Körper, sich auf die Nahrungsaufnahme »stoffwechselmäßig« frühzeitig vorzubereiten. Natürlich können Lernprozesse auch dazu beitragen, dass wir auch dann noch Nahrung konsumieren, wenn wir eigentlich schon satt sind. Es ist ein spannend, dieses Zusammenwirken von Gehirn, Hormonen und Lernprozessen zu erforschen. Einen kleinen »Geschmack« darauf wollte ich Ihnen vermitteln.