Ist ein hoher IQ ausreichend für Erfolg?
- 07.11.2008
- Erfolg ist ein vielschichtiges Phänomen: Muhammad Ali, Heinrich Böll, Albert Einstein und Napoleon waren alle erfolgreich - auf ihre Art. Durch Intelligenz alleine aber gewinnt man ebenso wenig Boxkämpfe oder Schlachten, wie man ein erfolgreicher Wissenschaftler oder Schriftsteller wird. Ohne entsprechende körperliche Fähigkeiten, ein geeignetes Umfeld und das oft zitierte "Quäntchen Glück" blieben viele Erfolgsgeschichten ungeschrieben. Zudem kann man ganz unterschiedlichen Erfolg haben - man kann finanziell erfolgreich sein, gesellschaftlich, sozial, gesundheitlich oder im Hinblick auf den eigenen Lebensentwurf. Ein intelligenter Literat muss es, man denke an Spitzwegs armen Poeten, nicht auch finanziell weit bringen, ein intelligenter Wissenschaftler mag sozial verarmt sein und ein intelligenter Banker mag zwischenmenschlich ein Versager sein, weil es ihm an "sozialer Intelligenz" mangelt. Intelligenz mag helfen, reicht aber nicht aus. Notwendig für den Erfolg ist Intelligenz auch nicht, kann man in der modernen Medienkonsumgesellschaft doch als "einfühlsamer Ziegenhirte Peter" oder als "Deutschlands nächstes Supermodell" schon mit relativ bescheidener geistiger Ausstattung Erfolg haben. Zu viel Intelligenz kann zudem einschränken: Menschen mit so genannten "Inselbegabungen" verfügen oft über einen hohen IQ und unfassbare mathematische, sprachliche oder musikalische Fähigkeiten, sind aber nicht in der Lage, ihr Leben selbständig zu führen. Eine Ja / Nein-Antwort auf die Frage "Ist ein hoher IQ ausreichend für den Erfolg?" greift zu kurz, weil sowohl Intelligenz als auch Erfolg zu facettenreich sind, was sich auch darin zeigt, dass die einschlägigen empirischen Studien uneindeutig sind: Intelligenz korreliert zwar mit schulischem und beruflichem Erfolg, aber zumindest in den USA ist die soziale Herkunft ein weitaus besserer Indikator für finanziellen Erfolg, und auch im Hinblick auf gesundheitlichen Erfolg bleibt die Lage verzwickt - wer intelligenter ist, hat statistisch eine größere Lebenserwartung, wird dafür aber auch häufiger kurzsichtig oder depressiv, und an Schizophrenie erkranken weit über- und weit unterdurchschnittlich Intelligente häufiger als der Durchschnittsmensch. Fazit: Intelligenz ist kein Erfolgsgarant, aber in den meisten Fällen hilfreich, und nicht nur, weil, wie Kurt Tucholsky einst erkannte, ihr Vorteil darin liegt, dass man sich dumm stellen kann, während das Gegenteil schon schwieriger ist.