Covid-Antikörper – Sollte das Blutbild individuell über einen Corona-Booster entscheiden?
- Prof. Dr. Henning Allmers
- 22.11.2022
- Angesichts der angebotenen vierten Impfung gegen das Coronavirus stellen sich viele Menschen die Frage, ob drei Impfungen nicht ausreichen. In der eingereichten Frage steckt die Vorstellung, dass der Antikörperstatus im Blut die Entscheidung erleichtert, ob man eine erneute Boosterung vornehmen lassen sollte. Warum dies nicht sinnvoll ist, erläutere ich im Folgenden: Neutralisierende Antikörper tragen zu protektiver Immunität bei. Das heißt: Haben Sie Antikörper gegen das Virus im Blut, ist Ihre Immunität natürlich grundsätzlich größer. Auch Menschen mit einer hohen Konzentration an Antikörpern können an COVID-19 erkranken. Das lehren uns auch die Mehrfachinfektionen. Das bloße Vorhandensein von Antikörpern schließt jedoch die Möglichkeit leider nicht aus, dass Sie sich mit SARS-CoV-2 infizieren oder es übertragen können. Die Menge der neutralisierenden Antikörper, die einen echten immunologischen Schutz versprechen, konnte bislang nicht etabliert werden. Wir sprechen in der Immunologie von sogenannten Protektiven Titern, einem Wert, den wir aktuell nicht kennen. Solche Antikörper-Grenzwerte, die einen Schutz vor Infektion bzw. vor leichter oder schwerer Erkrankung zuverlässig über das Blutbild definieren, gibt es derzeit nicht. Die Antikörper entwickeln sich individuell, sind aber einige Tage nach einer Booster-Impfung am höchsten. Nach derzeitigem Wissensstand geht man davon aus, dass nach einer Infektion die Konzentration der gebildeten Antikörper nach 10 bis 35 Tagen am höchsten ist. Noch höhere Antikörperwerte sind zu erwarten bei einer sogenannten hybriden Immunität, also, wenn Sie sowohl geimpft als auch infiziert gewesen sind. Die Höhe der Antikörper nach der Impfung ist durchaus relevant, da höhere Antikörperwerte in bisher untersuchten Kollektiven statistisch mit größerer Wahrscheinlichkeit vor schweren klinischen Verläufen und vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 schützen. Nach der Corona-Impfung wollen viele Menschen herausfinden, ob diese bei ihnen auch angeschlagen hat. Sie lassen daher ihr Blut überprüfen. Ist das sinnvoll? Für Einzelne kann leider nicht vorhergesagt werden, wie hoch der Schutz ist. Sie sollten Ihre individuellen Impf- und Infektionsschutzentscheidungen nicht auf der Basis von Antikörperbefunden treffen. Aber jede Impfung, die eine Grundimmunisierung erzeugt, zählt und bringt etwas für uns alle! Derzeit keine Ausweitung der bestehenden Corona-Impfempfehlung: Abgesehen von wenigen speziellen Fällen, wie z.B. einer angeborenen Immundefizienz oder bei einigen immun - supprimierenden Therapien, empfiehlt die Ständige Impfkommission momentan keine routinemäßigen SARSCoV-2 Antikörpertests. Auch das RKI betont, dass ein hoher Antikörpertiter nicht gegen die Durchführung einer Impfung spricht. Die erneute Corona-Boosterimpfung, also in der Regel der vierte Stich, wird nach Angaben der STIKO auch im März 2023 nur für über 60-Jährige und Menschen mit Vorerkrankungen empfohlen. Es sei derzeit keine Ausweitung der bestehenden Corona-Impfempfehlungen geplant, sagte der STIKO-Vorsitzende Thomas Mertens bereits im Oktober 2022: "Es zeigt sich, dass die Impfung keinen längerfristigen Schutz vor einer Corona-Infektion bietet, allerdings wohl vor einem schweren Verlauf". Damit gilt nach aktuellem Stand: Die Höhe der Antikörper sollte nicht über den Booster entscheiden. Eine Grundimmunisierung mit drei Impfdosen sollten aber zum Schutze der Gesamtbevölkerung alle Menschen durchführen lassen, bei denen keine Kontraindikation vorliegt.