Elektronische Gesundheitsakte. Der souveräne oder gläserne Patient?
- 13.11.2020
- Ab 2021 sind die Krankenkassen in Deutschland verpflichtet, digitale Kommunikationen von Gesundheitsdaten flächendeckend zu ermöglichen. Dieses Vorhaben ist öffentlich nach wie vor umstritten: Sind die höchst persönlichen und sensiblen Gesundheitsdaten über digitale Formate tatsächlich geschützt? Kann der elektronische Datenfluss zu Fehlinformationen führen? Wie sinnvoll ist es, das Gesundheits- und Pflegewesen auf digitale Datenflüsse umzustellen? Die Bezeichnungen „Elektronische Gesundheitsakte (eGA)“, „Elektronische Patientenakte (ePA)“ oder „Elektronische Fallakte (eFA)“ klingen austauschbar, sie verbergen aber unterschiedliche Ansätze der digital gestützten Kommunikation im Gesundheitswesen. Gemeinsam ist der Gedanke, dass personenbezogene Gesundheitsdaten bei Bedarf möglichst gut über die verschiedenen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung weitergeleitet werden können. Weiterhin soll ein informierter Patient unterstützt werden, der selbstbestimmt über seinen Gesundheits- und Krankheitsverlauf verfügen kann (Empowerment). Die Umsetzung dieser Ideen wird aber über verschiedene Modelle realisiert. Die digitale Kommunikation von Gesundheitsdaten erfolgt ab 2021 verpflichtend über eine elektronische Patientenakte (ePA), die die gesetzlichen Krankenkassen ihren Versicherten über die elektronische Gesundheitskarte bereitstellen müssen. Die Leistungsanbieter (Ärzte, Kliniken, Apotheken) sind verpflichtet, diese zu nutzen, für die Patienten ist die Nutzung freiwillig. Die ePA beinhaltet ausgesuchte wichtige medizinische Befunde (etwa Diagnosen, Therapiemaßnahmen, Behandlungsberichte), pflegerelevante oder persönliche Einträge sind bislang nicht möglich (aber in Diskussion). Die ePA wird von den Leistungserbringern geführt, die sich dazu über einen Praxisausweis ausweisen müssen. Die Datenschutzanforderungen werden über die „Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte“ (gematik) geprüft. Die ePA soll die direkte Kommunikation im Gesundheitswesen nicht ersetzen. Einige Krankenkassen bieten ihren Versicherten eine Elektronische Gesundheitsakte (eGA) an, die alle wichtigen Gesundheits- und Pflegedaten bündeln und dem betroffen Menschen zum Beispiel über eine Smartphone-App bereitstellen soll. Die Nutzung einer eGA ist freiwillig und soll den Patienten zum Souverän seiner Daten machen. Der Patient entscheidet selbst, wer Zugriff auf welche Daten erhält. Die Krankenkasse stellt dazu die vorhandenen personenbezogenen Gesundheitsdaten zur Verfügung. Zusätzlich können eigene Einträge, zum Beispiel zu verschreibungsfreien Medikamenten, gesundheitsbezogenen Gewohnheiten oder pflegerelevanten Informationen gemacht werden. Die Daten werden, je nach Ansatz, auf einer zentralen Gesundheitsplattform gebündelt oder auf Abruf direkt bei den dezentralen Leistungserbringern eingeholt. Fragen des Datenschutzes haben auch hier prominente Bedeutung und die anbietenden Kassen versichern in der Regel einen größtmöglichen und rechtskonformen Datenschutz sowie den Verzicht auf datengetriebene Geschäftsmodelle. Die Zukunft der eGA ist allerdings offen. Mit dem neuen „Digitalen Versorgung-Gesetz (DVG)“ fällt die gesetzlich gesicherte Finanzierung der Gesundheitsakte in naher Zukunft aus. Die elektronische Patientenakte soll dann die einzige Form der digital gestützten Datenkommunikation im Gesundheitswesen darstellen. Der Patient als Souverän seiner Daten wir damit voraussichtlich geschwächt.