Ohrwürmer. Wie entstehen sie? Wie wird man sie wieder los?
- 15.11.2019
- Ohrwürmer, oder im Englischen auch häufig als „stuck song syndrome“, „catchy tune“ oder „involuntary musical imagery“ bezeichnet, sind schon seit vielen Jahren Gegenstand der Forschung. Bis heute ist nicht genau geklärt, wie Ohrwürmer entstehen, es gibt jedoch vielfältige Faktoren, die die Entstehung begünstigen. Dazu zählen zum Beispiel die Vertrautheit mit dem jeweiligen Musikstück oder der Stilrichtung, eine relativ einfache Struktur mit häufigen Wiederholungen einer kurzen Phrase, Inkongruenz mit den Hörerwartungen oder eine vermehrte Exposition (etwa wenn das Stück häufig im Radio erklingt). Sind mit autobiografischen emotionalen Erinnerungen auch Musikstücke verknüpft, so ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass diese in Situationen, in welchen entsprechende Erinnerungen aktiviert werden, ebenfalls wieder an die Oberfläche gelangen. Dabei ist nicht jede Person gleich anfällig für einen Ohrwurm: Musiker scheinen etwas empfänglicher zu sein als Nichtmusiker, Frauen sind häufiger betroffen als Männer, und auch individuelle Persönlichkeitsmerkmale spielen eine Rolle. Vor allem aber haben sich die augenblickliche Verfassung des Hörers und damit zusammenhängende situative Begebenheiten in vielen Studien als wichtiger Faktor erwiesen. So ist es wahrscheinlicher einen Ohrwurm zu bekommen, wenn man ermüdet oder gestresst ist. Besonders bei monotonen Tätigkeiten, die wenig kognitive Anstrengung erfordern, ist die Gefahr eines Ohrwurms erhöht. Die Zeitdauer, die ein Ohrwurm anhält, kann sehr unterschiedlich sein. Während manche Personen nur kurze Episoden haben, dauern einige Ohrwürmer Stunden oder in Einzelfällen sogar mehrere Tage. Entsprechend verschieden sind auch die Erfahrungen, die Betroffene mit Ohrwürmern machen: Die einen genießen sie, die anderen möchten sie schnellstmöglich wieder loswerden. Daher ist auch die Frage nach dem „Entfernen“ des Ohrwurms genauso Gegenstand der Forschung wie die Frage nach den Entstehungsmechanismen. Dabei hat sich gezeigt, dass es in einigen Fällen hilft, sich intensiv mit einer anderen Sache zu beschäftigen oder ein anderes Lied zu hören. Etwas ungewöhnlichere Empfehlungen reichen vom Laufen in einem Tempo, das sich von dem des Ohrwurms unterscheidet, bis hin zum Kaugummikauen direkt nach einem Lied. Abseits der konkreten Beschäftigung mit den Ursachen und Auswirkungen von Ohrwürmern liefert die Forschung dazu jedoch auch aufschlussreiche Erkenntnisse über die Arbeitsweise des Gehirns beziehungsweise über die Verarbeitung akustischer Reize. Vor allem die Mechanismen der Speicherung und des Abrufs von Informationen im auditorischen Gedächtnis stehen hierbei häufig im Mittelpunkt des Interesses.