Klimawandel. Stirbt der Wald? Bald Palmen am Straßenrand?
- 15.11.2019
- Bereits heute geht es 30 Prozent der deutschen Wälder sehr schlecht. Vor allem Dürre, Hitze und eine Käferplage schädigen die Bäume. In den letzten beiden Jahren konnten sich die Bäume nicht von den zuvor erlittenen Dürreschäden erholen. Derart gestresste Bäume sind anfälliger für Angriffe von Borkenkäfern und Stürmen; sie fallen leicht um, und das Totholz begünstigt Waldbrände. Wie sollen wir auf diese Problematik reagieren bei gleichzeitig nur schwer miteinander zu vereinbarenden Ansprüchen: Wald als vielfältiger Lebensraum, Wasserspeicher, Klimaschutz, Erholung, Holzlieferant? Die weitere Erderwärmung sollte gestoppt werden. Kurzfristig müssen Totholz und geschwächte Bäume aus den Wäldern entfernt und der Borkenkäfer bekämpft werden. Mittelfristig müssen Fichtenmonokulturen durch angepasste Mischwälder ersetzt und der geringe Anteil von Naturwäldern (Urwälder; momentan nur circa zwei Prozent der gesamten Waldfläche) sollte erweitert werden. Aber selbst diese Strategie könnte bei fortschreitender Erwärmung zu kurz greifen. Doch was pflanzt man stattdessen? Buchen, auf die Forstexperten gesetzt haben, sind bereits auch geschädigt, und scheinbar der Dürre angepasste fremde Arten, wie amerikanische Küstentanne oder Douglasie gehören nicht ins heimische Ökosystem. Sie können sich negativ auf die Artenvielfalt auswirken. Forstexperten weisen darauf hin, dass es wohl auf die Kombination geeigneter Baumarten ankommt, und sie empfehlen heimische Arten, wie Elsbeere, Speierling, Spitz- und Feldahorn sowie südeuropäische Eichenarten. Es muss mehr in die Forschung investiert werden, aber Forschung braucht Zeit, aber wie viel Zeit bleibt dem deutschen Wald noch? Für typische Stadtbäume wie Ulme, Linde, Esche, Eiche oder Platane sind die Lebensbedingungen noch härter: Schadstoffe in der Luft, belastete/versiegelte Böden, zu wenig Wurzelraum, fehlende Nährstoffe, Salzstreuen im Winter, Hundeurin sowie mechanische Verletzungen gefährden unsere Stadtbäume. Anpassungsfähige Baumarten, die starke Fröste, Hitzewellen und extreme Trockenheit tolerieren, stammen unter anderem aus Nordamerika und Südeuropa. Viele dieser Gehölze kommen bereits bei uns vereinzelt in Parks vor, und einige dieser Baumarten waren vor den letzten Eiszeiten bereits bei uns heimisch. Gute Erfahrungen liegen zum Beispiel für Hopfenbuche, Französischen Ahorn, Zerr- und Steineiche vor. Die Vegetation hat sich im Verlauf der Erdgeschichte immer wieder an Klimaveränderungen angepasst. Dies gilt auch für unsere Wälder, die sich nach der letzten Eiszeit vor ungefähr 10.000 Jahren etabliert haben. Eine fortschreitende Klimaveränderung mit zunehmenden Temperaturen wird sich langfristig auch bei uns auf die Zusammensetzung der Vegetation auswirken. Kürzlich wurden in Österreich und der Schweiz verwilderte Vorkommen der mäßig frostresistenten Chinesischen Hanfpalme entdeckt. Es ist aber wohl nicht damit zu rechnen, dass tropische Palmen in den nächsten Jahrhunderten in unseren Breiten heimisch werden. Typische Tropenpflanzen benötigen Jahresmitteltemperaturen von 24 bis 30 Grad Celsius und 2.000 bis 4.000 mm gleichmäßig über das Jahr verteilte Niederschläge. Von diesen Bedingungen (Osnabrück: Jahresmitteltemperatur 8 bis 10 Grad Celsius, Tendenz steigend; circa 800 mm Jahresniederschlag, Tendenz fallend) sind wir aber noch weit entfernt. Denken wir allerdings in geologischen Zeiträumen, sind drastische Veränderungen der Vegetation möglich, waren noch im Tertiär (Braunkohlezeit), vor 30 bis 35 Millionen Jahren, Palmen in einem tropischen Klima in Deutschland heimisch.