Geistesblitz. Lassen sich Innovationen planen?
- 15.11.2019
- Um diese Frage zu beantworten, ist es zunächst nötig zu überlegen, was eine Innovation ist. Nehmen wir als Beispiel das Patent für eine Baby-Patting-Machine, also eine Baby-Tätschel-Maschine, die 1971 in den USA vom Patentamt angenommen wurde. Die Maschine kann an einem Kinderbett angebracht werden und klopft dem Baby dann regelmäßig auf das Hinterteil. Alle Eltern können sich sicher gut vorstellen, wie der Erfinder, Thomas Zelenka, in schlaflosen Nächten zu diesem Geistesblitz gekommen ist. Hat Zelenka damit eine Innovation geschaffen? Nein, denn eine Erfindung, also Invention, wird erst dann zur Innovation, wenn diese in Form neuer Produkte, Dienstleistungen oder Verfahren in der Praxis umgesetzt wird. Die Baby-Tätschel-Maschine hätte also auch in Produktion gehen und in den Handel, und schließlich zu den Konsumenten kommen müssen, um zur Innovation zu werden. Ein Geistesblitz reicht für eine Innovation also nicht aus. Dabei ist es möglich, dass eine Erfindung zunächst als Unsinn belächelt wird und später festgestellt wird, dass diese Idee in einem anderen Anwendungskontext Sinn macht und zur Innovation wird. So wurde 1957 in den USA eine Plastiktapete erfunden, die heute als Luftpolsterfolie ein verbreitetes Verpackungsmaterial ist. Allein die Tatsache, dass nicht jede Erfindung zur Anwendung kommt, macht Innovationen schwer planbar. Es gibt aber Regionen, in denen besonders viele Erfindungen entstehen, die zu erfolgreichen Innovationen werden. Hier stellt sich die Frage, woran das liegt, denn wenn bekannt ist, warum in manchen Regionen besonders viele Innovationen entstehen, dann lassen sich diese Bedingungen vielleicht auch in anderen Regionen schaffen. Deshalb haben zahlreiche Wissenschaftler aus der Wirtschaftsgeografie und anderen Disziplinen in den letzten Jahrzehnten Regionen wie das Silicon Valley untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass eine vertrauensbasierte wechselseitige Vernetzung unterschiedlicher Akteure aus verschiedenen Unternehmen und der Wissenschaft besonders innovationsfördernd ist. Eine solche vertrauensbasierte Vernetzung kann durch ein gemeinsames sozioinstitutionelles Umfeld – also gemeinsame Normen und Werte – und räumliche Nähe begünstigt werden. Das lässt sich nicht planen, aber unterstützen. Seit Langem sehen Wirtschaftsförderungseinrichtungen deshalb die Vernetzung der relevanten Akteure in einer Region als ein Mittel, um die Innovationsfähigkeit in der Region zu stärken. Ein Beispiel für ein solches Netzwerk ist das „IuK Unternehmensnetzwerk Osnabrück“, ein Zusammenschluss der IT- und Telekommunikationsbranche, an dem auch die Universität Osnabrück beteiligt ist. Neben der Förderung solcher Netzwerke können auch durch die finanzielle Unterstützung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, durch die Erleichterung des Zugangs zu neuem Wissen oder die Unterstützung bei der Markteinführung neuer Produkte Innovationen gefördert werden. Der Erfinder der Baby-Tätschel-Maschine war vermutlich nicht Teil eines solchen Netzwerkes. Im Austausch mit anderen Erfindern, Beratern, Produktdesignern und Marketingleuten hätte er wahrscheinlich festgestellt, dass aus seiner Erfindung so schnell keine Innovation wird. Möglicherweise wäre auch ein ganz anderes Anwendungsfeld der Idee entstanden. Aber vielleicht hat ein Leser oder eine Leserin ja einen Geistesblitz, der für Zelenkas Erfindung eine ganz neue Anwendungsmöglichkeit findet und diese damit fünfzig Jahre später zur Innovation macht.