Der Euro für alle. Kann der Plan gelingen?
- 17.11.2017
- Die Frage hat eine rechtliche, eine ökonomische und eine politische Komponente. Zunächst die rechtliche, denn hier ist der Fall klar: Alle EU Länder können dem Währungsgebiet beitreten, sofern sie die Stabilitätskriterien erfüllen. Ökonomisch kann der Vorschlag von Jean-Claude Juncker „Der Euro für alle“ dagegen eher nicht gelingen. Bereits 1992 haben 62 Ökonomen in einem offenen Brief davor gewarnt, Länder mit zu unterschiedlicher Wirtschaftskraft in einer gemeinsamen Währung zu binden. Der Wechselkurs ist eines der wichtigsten Instrumente der schwächeren Länder. Eine Abwertung macht Exportgüter günstiger, Importgüter teurer und hilft somit Zahlungsengpässe zu überwinden. Andere haben die Probleme nicht gesehen – unter anderem der Autor dieses Beitrags. Ich sah vor allem die Vorteile in einer besseren Allokation des Kapitals. Da das Vermögen in Europa sehr unterschiedlich verteilt ist, unterscheidet sich auch sein marginaler Nutzen: In Ländern wie Deutschland, in denen viel Kapital vorhanden ist, ist die Produktivität von zusätzlichen Investitionen vergleichsweise niedrig. In anderen Ländern wie Portugal, Griechenland, Spanien und Italien, in denen nur wenig Kapital vorhanden war, sind zusätzliche Investitionen sehr produktiv. Die Kapitalströme nach Südeuropa waren daher zunächst mit Wohlfahrtsgewinnen für beide Seiten verbunden. Im Süden schuf der Euro Arbeitsplätze, im Norden schuf er hohe Zinseinkünfte. Leider hatten die Kritiker aber mit ihren Bedenken Recht – dies ist seit der Finanzkrise 2007/2008 deutlich erkennbar. Denn den Ländern in Südeuropa macht vor allem die fehlende Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen. Eine interne Abwertung über Lohnkürzungen ist sozialer Sprengstoff; eine permanente Finanzierung über Transfers birgt dies ebenfalls. Die Vorschläge von Jean-Claude Juncker helfen daher nur wenig, die Lage zu verbessern. Einige der potentiellen Neumitglieder würden früher oder später in eine ähnliche Schieflage geraten. Einzelne Austritte und Abwertungen sind in der aktuellen Situation eher nachzuvollziehen als Neuaufnahmen. Wichtiger wären zudem eine strikte Bankenaufsicht, eine Reform der Arbeitsmärkte und eine Rückkehr zu einer normalen Geldpolitik. Die dritte Perspektive ist die politische: Aus dieser ist der Juncker-Vorschlag vor allem ein rhetorischer Diskussionsbeitrag. Die meisten EU Länder wollen dem Währungsgebiet gar nicht beitreten. Gerade die großen Länder wie Polen, Ungarn und die Tschechische Republik sind nicht daran interessiert, obwohl gerade diese mit ihren niedrigen Staatsschuldenquoten und flexiblen Arbeitsmärkten vielleicht ein Gewinn für das Währungsgebiet wären.