Die Rolle krankheitsrelevanter Proteine bei Dendritenplastizität und Neurodegeneration in einem ex vivo-Modell des Hippocampus"
Projektstatus: abgeschlossen Drittmittelprojekt
Leistungsfähigkeit und Komplexität der Nervensysteme höherentwickelter Organismen werden wesentlich durch die Vielzahl der Kontakte zwischen den Nervenzellen, den Synapsen, bestimmt. An vielen Nervenzellen bilden sich die Synapsen an sogenannten Dornen aus, die sehr dynamisch sind und vermutlich die strukturelle Grundlage synaptischer Plastizität und damit von Lernen und Gedächtnis darstellen. Bei vielen neurodegenerativen Erkrankungen wie etwa der Alzheimer Krankheit treten bereits in der Frühphase charakteristische synaptische Fehlfunktionen auf. Es ist wenig über das Verhalten dendritischer Dornen bei neurodegenerativen Vorgängen bekannt. In unserer früheren Arbeit haben wir eine neue Methode entwickelt, um in einem ex vivo-Modell die Dynamik der Degeneration von Nervenzellen und die Veränderung dendritischer Dornen unmittelbar zu beobachten. Mit dieser Methode und in Verbindung mit transgenen Mausmodellen soll geklärt werden, wie neuronaler Zelltod und Synapsenverlust zusammenhängen und welche Krankheitsfaktoren jeweils beteiligt sind. Wir hoffen, damit auch die Grundlage für neue und spezifischere Strategien therapeutischer Interventionen zu entwickeln.
Projektlaufzeit
01.11.2010 - 31.03.2016
Ergebniszusammenfassung
Die Alzheimer Krankheit ist die häufigste neurodegenerative Erkrankung der Älteren. Im Krankheitsverlauf kommt es zu der sogenannten neurodegenerativen Triade, die aus einem Verlust synaptischer Kontakte, dem Absterben von Nervenzellen in selektiven Regionen, und aus Veränderungen bei der Verzweigung der Dendriten besteht. Histopathologisch ist die Erkrankung durch abnormale Proteinansammlungen, den sogenannten amyloiden Plaques, die außerhalb der Zellen vorliegen, und den intrazellulären Alzheimerfibrillen charakterisiert. Hauptkomponente der amyloiden Plaques sind die sogenannten Aβ Peptide; die Alzheimerfibrillen bestehen zum größten Teil aus einer Komponten des neuronalen Zellskeletts, dem Tau Protein. Zentrale Fragen für das Verständnis der pathologischen Vorgänge sind, (1) wie die Defizite in der synaptischen Übertragung, der neuronale Zelltod und die Veränderungen im dendritischen Verzweigungsmuster molekular vermittelt werden, (2) welche Rolle die Aβ Peptide und das Tau Protein bei diesen Prozessen spielen, (3) welche Signaltransduktionsmechanismen beteiligt sind, und (4) wie diese Veränderungen gestoppt oder sogar rückgängig gemacht werden können. Eine Voraussetzung für die experimentelle Untersuchung dieser Fragen ist die Entwicklung eines Modells, welches die zentralen zellulären Vorgänge der Erkrankung abbildet und eine möglichst unmittelbare Beobachtung und Beeinflussung der Krankheitsvorgänge erlaubt. Wir haben dafür ein sogenanntes „ex vivo Modell“ der Alzheimerschen Erkrankung entwickelt, in dem wir isolierte Hippocampi aus Mäusen, die transgen für ein menschliches Gen sind, die zu einer familiären Form der Alzheimer Erkrankung führen, für längere Zeit außerhalb des Organismus kultivieren und einzelne Nervenzellen sichtbar machen, indem wir Fluoreszenzmarker einbringen. Mit dieser Technik ist es möglich, Aspekte der neurodegenerativen Triade, wie z.B. den Verlust synaptischer Verschaltungen, unmittelbar unter dem Mikroskop sichtbar zu machen. Im Rahmen des durch die DFG geförderten Projektes haben wir rechnergestützte Methoden der Bildverarbeitung entwickelt, um effektiv und präzise zelluläre Veränderungen zu bestimmen, wie z.B. Formveränderungen der sogenannten dendritischen Dornen oder Veränderungen im dendritischen Verzweigungsmuster. Wir konnten zeigen, dass die einzelnen Komponenten der neurodegenerativen Triade mechanistisch verschieden sind und Substanzen, die zum Beispiel den Verlust synaptischer Dornen verhindern, auf der anderen Seite zu einer dendritischen Simplifizierung führen können. Dies bedeutet, dass alle Aspekte der neurodegenerativen Triade sorgfältig analysiert werden müssen, um das therapeutische Potential möglicher medikamentöser Interventionen zu bestimmen. Weiter konnten wir zeigen, dass die mikrotubulistabilisierende Substanz Epothilone D (EpoD) bereits in sehr niedriger Konzentration dem Verlust dendritischer Dornen entgegenwirkt und diesen unter Bedingungen von sehr frühen Veränderungen sogar rückgängig macht. Das könnte bedeuten, dass dieser Aspekt der neurodegenerativen Veränderungen bereits in einer präsymptomatischen Phase, also vor dem Auftreten klinischer Symptome, behandelbar ist. Natürlich müssen diese Ergebnisse, die in einem ex vivo Modell erhalten wurden, im intakten Organismus überprüft werden.