Es ist wohlbekannt, dass Kristalloberflächen ein sehr komplexes Verhalten zeigen können wenn sie durch Spalten, Schneiden oder andere Verfahren hergestellt werden. Ein Lehrbuchbeispiel hierzu ist die (111) Oberfläche von Silizium, welche eine komplexe Strukturumwandlung zu einer (7×7) Rekonstruktion vollzieht. Ausgehend von den sehr umfangreichen Arbeiten zu Metall- und Halbleiteroberflächen rückt derzeit die Untersuchung von isolierenden Materialien stetig in den Fokus der aktuellen Forschung an Oberflächen. Zu diesen Materialien gehört insbesondere Calciumcarbonat (CaCO3), welches nicht nur eines der allgegenwärtigsten natürlichen Mineralien ist, sondern in der Form des stabilsten Polymorphs Calcit den Hauptbestandteil vieler Kalksteine bildet. Weiterhin ist Calcit von größter Relevanz in einer großen Anzahl von Anwendungen wie zum Beispiel der Behandlung von Agrarböden, Pharmazeutika, Baumaterialien oder optischen Instrumenten. Entsprechend wurde die stabilste Spaltfläche eines Calcitkristalls, die (104) Oberfläche, in den letzten Jahrzehnten intensiv und mit zahlreichen Methoden untersucht. Hierzu gehören die Beugung niederenergetischer Elektronen, die Röntgenphotoelektronenspektroskopie, die molekulare Modellierung oder die Rasterkraftmikroskopie. Einige der experimentellen Resultate deuteten hierbei auf die Existenz einer (2×1) Rekonstruktion hin, wobei Ursprung und mikroskopische Eigenschaften dieser Rekonstruktion bislang kaum verstanden sind und somit weiterhin kein vollständiges Modell der Oberfläche vorliegt. Das Ziel dieses Projektes ist es, mikroskopische Details der (2×1) Rekonstruktion von Calcit(104) zu bestimmen und Gründe für die Bildung dieser Rekonstruktion zu finden. Zur Untersuchung der rekonstruierten Oberfläche soll die hochaufgelöste nichtkontakt Rasterkraftmikroskopie (engl. non-contact atomic force microscopy, NC-AFM) mit funktionalisierten Spitzen und bei 5 K eingesetzt werden. Insbesondere beinhaltet das Projekt die Deposition verschiedener Spezies auf Calcit(104) um die Reaktion der Oberfläche auf das adsorbierte Material zu untersuchen. Weiterhin sollen hochaufgelösten Messdaten erstellt und verwendet werden um Rückschlüsse auf die atomare Struktur ziehen zu können.