Modellhafte Erprobung einer Gesundheitsuntersuchung in Grundschulen in Deutschland: Umsetzung und Evaluation
Projektstatus: abgeschlossen Drittmittelprojekt
Ziel der Machbarkeitsstudie war es, die Rahmenbedingungen für ein Modellprojekt ‚Gesundheitsuntersuchungen in Grundschulen‘ zu prüfen. Dies schloss die Analyse formaler und fachlicher Rahmenbedingungen ebenso wie die Entwicklung eines Konzeptes für die modellhafte Erprobung ein. Die Durchführung der Machbarkeitsstudie erfolgte vom 1. Dezember 2012 bis zum 30. April 2013 und nutzte als methodische Zugänge, systematische Literaturrecherchen und Expertengespräche. Des Weiteren wurden zu spezifischen Themen Stellungnahmen in Auftrag gegeben. Unterschiedliche Maßnahmen der Qualitätssicherung wurden durchgeführt; eine Wesentliche war die Einrichtung eines Beirates. Basierend auf den methodisch unterschiedlichen Zugängen wurden als ein wichtiges Ergebnis der Machbarkeitsstudie eine Bestandsaufnahme (‚Status quo Analyse‘) zu gesundheitsbezogenen Untersuchungen im Grundschulalter vorgenommen. Dies schloss im Schwerpunkt vorhandene Angebote zu Untersuchungen in Grundschulen ein; Berücksichtigung fanden jedoch auch andere Angebote, wie die Schuleingangsuntersuchung, die Untersuchungen in dieser Altersgruppe (U10 und U11) und die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe nach §21 SGB V. Wesentliche Ergebnisse der Status-quo Analyse sind: 1.In Deutschland werden in vier Bundesländern(Freistaat Sachsen, Sachsen-Anhalt, Freistaat Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern) Untersuchungen in Grundschulen flächendeckend durchgeführt, die sich allerdings hinsichtlich des Untersuchungszeitpunktes (2. bis 4. Klasse) und hinsichtlich der Untersuchungsinhalte unterscheiden. Die Untersuchungen in den Grundschulen sind in diesen Bundesländern gesetzlich verankert und verpflichtend; eine hohe Teilnahmerate wird hierdurch erzielt. Zudem kann in einem weiteren Bundesland (Brandenburg) eine Schuluntersuchung nach Bedarf in der 6. Klasse angeboten werden. Dies ist entsprechend gesetzlich geregelt. 2. Als Organisations- und Finanzierungsprinzip ist bei den bestehenden Untersuchungen in Grundschulen die Anbindung an den Öffentlichen Gesundheitsdienst bzw. eine kommunale Finanzierungvorherrschend. In einem Bundesland (Freistaat Sachsen) können die Untersuchungen mit entsprechendem Nachweis auch durch eine/n niedergelassene/n Arzt/Ärztin erfolgen. Eine alternative Organisations- und Finanzierungsstruktur findet sich für die zahnmedizinische Gruppenprophylaxe (§ 21 SGBV) in Schulen. Die personelle Ausstattung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes sowie die ausschließliche kommunale Finanzierung unter den gegebenen Rahmenbedingungen werden als Hürden für eine zukünftige und flächendeckend ausgerichtete Umsetzung gesehen. 3. Die aus den derzeit angebotenen Schuluntersuchungen erzielten Informationen werden individuell und auch in allen Bundesländern zur Gesundheitsberichterstattung genutzt. Die erforderlichen datenschutzrechtlichen Voraussetzungen sind in den einzelnen Bundesländern mit Untersuchungen in Grundschulen gegeben. Durch die Schuleingangsuntersuchungen und z. T. durch die Schuluntersuchungen liegen in allen Bundesländern eine umfangreiche Expertise sowie etablierte Systeme der Datenverwaltung und -nutzung vor. Die Frage nach der Akzeptanz einer Gesundheitsuntersuchung in Grundschulen war ein weiterer und zentraler Aspekt der Machbarkeitsstudie. Das im Wesentlichen auf Expertengespräche basierende Ergebnis weist auf eine hohe Zustimmung für eine Gesundheitsuntersuchung in Grundschulen hin – auch wenn sich in den Expertenmeinungen durchaus kritische Haltungen diesbezüglich finden. Grundsätzlich ist eine positive Einschätzung gegenüber einer Gesundheitsuntersuchung in Grundschulen an Voraussetzungen geknüpft, die sich insbesondere auf das inhaltliche Konzept und angemessene Rahmenbedingungen für das Angebot und die Durchführung der Gesundheitsuntersuchung beziehen. Konzeptionelle Eckpunkte für Gesundheitsuntersuchungen in Grundschulen wurden im Rahmen der Machbarkeitsstudie auf der Grundlage der Status quo Analyse, den Expertengesprächen und zu spezifischen Fragestellungen erarbeiteten Stellungnahmen detailliert. Diesen konzeptionellen Eckpunkten liegen Zieldimensionen in Form von Komponenten zugrunde, die im Beirat diskutiert und abgestimmt werden konnten. Im Einzelnen sollte das inhaltliche Konzept einer Gesundheitsuntersuchung in Grundschulen folgende konzeptionellen Eckpunkte umfassen: a. Die Gesundheitsuntersuchung muss in die Lebenswelt Schule integriert sein, d.h. gemeinsam von Akteuren des Gesundheits- und des Schulsystems getragen und umgesetzt werden. (Kooperativer Ansatz) b. Die Gesundheitsuntersuchung sollte allen Kindern angeboten werden. (Kein selektives Angebot) c. Die Gesundheitsuntersuchung steht mit ihrer Ausrichtung nicht in Konkurrenz zu anderen Angeboten (wie z. B. den U-Untersuchungen), sondern stellt ein eigenständiges Angebot mit spezifischer Ausrichtung dar. (Komplementärer Ansatz) d. Die Gesundheitsuntersuchung muss sowohl die individuelle Gesundheit des zu untersuchenden Kindes als auch für die Gesundheit relevante Lebensweltfaktoren einbeziehen und valide erfassen. (Alle relevanten Faktoren einbeziehen) e. Die Gesundheitsuntersuchung sollte die Schwerpunkte auf gesundheitliche Risiken (rsp. Ressourcen) für den Schulerfolg legen. Die Ergebnisse sollten individuell, d.h. für das einzelne Kind, und kollektiv, zur Entwicklung der Lebenswelt Schule, genutzt werden. (Nutzen für die Kinder und die Schule) f. Die Gesundheitsuntersuchung sollte relevante Informationen von Eltern und auch Lehrern/innen einbeziehen und den Austausch mit den Eltern und Lehrern/innen fördern. (Partizipation) g. Die Gesundheitsuntersuchung sollte zu Aktivitäten für eine „gesunde Schule“ aktiv beitragen, Impulse geben und die relevanten Akteure einbinden. (Gesundheitsförderung/Prävention und Vernetzung) h. Die Daten der Gesundheitsuntersuchung sollten sowohl individuell (Rückinformation an die Eltern) als auch Einzelperson übergreifend aufbereitet und genutzt werden. (Gesundheitsberichterstattung) Ein Zusatznutzen wird darin gesehen, die nach der Schuleingangsuntersuchung durchgeführten Fördermaßnahmen im Längsschnitt zu betrachten. (Evaluation) Neben inhaltlichen Aspekten für das Konzept einer Gesundheitsuntersuchung in Grundschulen wurden in der Machbarkeitsstudie wichtige Voraussetzungen für die modellhafte Erprobung erkennbar. Hierzu trugen wesentlich die Expertengespräche und die Beratungen des Beirates bei. Nachfolgend sind zentrale Bedingungen für eine modellhafte Erprobung aufgeführt: 1. Für die modellhafte Erprobung ist eine Finanzierung sicherzustellen, die den interessierten Modellregionen eine Umsetzung ermöglicht. Zudem sollte eine wissenschaftliche Prozess- und Ergebnisevaluation durchgeführt werden. 2. Bei der modellhaften Erprobung sind die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie unter Berücksichtigung der jeweiligen Vor-Ort-Bedingungen und Erfahrungen umzusetzen. Nur auf dieser Basis können realistische Durchführungsvoraussetzungen (Einbindung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes und der niedergelassenen Ärzte/innen, Detaillierung des Untersuchungskonzeptes und Fragen der Datenverarbeitung und -nutzung) entwickelt werden. 3. Die modellhafte Erprobung sollte in ausgewählten Regionen stattfinden. Als wichtige Voraussetzungen sind 1. die Bereitschaft der Schulen, an einer solchen modellhaften Erprobung teilzunehmen und 2. die Bereitschaft, sich mit einer weiteren Modellregion über das Untersuchungskonzept und die Durchführung der Gesundheitsuntersuchung abzustimmen und einheitlich umzusetzen.