Die Proliferation und Differenzierung von Blutzellen wird weitgehend durch die Signalübertragung über Klasse-I-Zytokinrezeptoren reguliert, die zumeist über Janus-Kinase JAK2 aktiviert werden. Die Dysregulation von JAK2 durch konstitutiv aktivierende Mutationen ist eine Hauptursache für verschiedene Arten von myeloischer und lymphatischer Leukämie. Der molekulare Mechanismus der JAK2-Aktivierung und ihrer Dysregulation ist jedoch nach wie vor unklar. In der ersten Förderperiode haben wir wichtige mechanistische Prinzipien der JAK2-Aktivierung durch paradigmatische homodimere Klasse-I-Zytokinrezeptoren für Erythropoetin, Thrombopoetin und Somatropin aufgeklärt. Quantitative Rezeptordimerisierungs-Assays, die auf zweifarbiger Einzelmolekül-Bildgebung basierten, zeigten die ligandeninduzierte Rezeptordimerisierung als Grundprinzip der Rezeptoraktivierung. Dabei konnten wir intrinsische Interaktionen zwischen den JAK2-Pseudokinase (PK)-Domänen von und die Trans- und Juxtamembran (TM/JM)-Regionen des Rezeptors nachweisen. Für mehrere, aber nicht alle konstitutiv aktivierenden Mutationen in der JAK2-PK-Domäne wurde eine ligandenunabhängige Dimerisierung beobachtet. Auf der Grundlage dieser Einsichten erstellten wir durch MD-Simulationen Strukturmodelle von JAK2 innerhalb homodimerer Zytokinrezeptoren in der Plasmamembran. Diese Modelle bestätigten eine regulatorische intermolekulare Interaktion zwischen den PK Domänen und erklären auch verschiedene Wirkweisen onkogener Mutationen: "Modus I"-Mutationen, die intermolekulare PK-PK-Interaktionen stabilisieren und somit den Rezeptor dimerisieren; und "Modell II"-Mutationen, die die intramolekulare JAK2-PK-TK-Interaktion destabilisieren und somit direkt Kinase-Aktivität freisetzen. Zudem bestätigten wir die funktionelle Relevanz einer Membran-Interaktionsstelle in der JAK2 FERM/SH2 (FS)-Domäne, die von unserem Strukturmodell vorhergesagt wurde. Das Ziel für die zweite Förderperiode ist die Konsolidierung und Validierung unseres Modells mit dem zusätzlichen Schwerpunkt, die Rolle der Membranumgebung bei der Regulierung der Rezeptorassemblierung und -aktivierung zu entschlüsseln. Dafür werden wir die mechanistischen Grundlagen verschiedener Modi der onkogenen Dysregulation mit Hilfe neuer Assays zur Untersuchung der Aktivität und der konformationellen Organisation von JAK2 aufklären. Über den Vergleich verschiedener Rezeptoren werden wir die Relevanz der TM/JM-Regionen bei der Dimerisierung, Aktivierung und Dysregulation prüfen. Darüber hinaus werden wir die mutmaßliche Membranbindungsstelle von JAK2 durch Mutagenese und Bindungsassays an lebenden Zellen bestimmen und ihre funktionelle Bedeutung für verschiedene Arten von onkogenen Mutationen identifizieren. Diese Lebendzellanalysen werden ergänzt durch die Rekonstitution der Rezeptor-TM/JM-Domäne und der JAK2-FS-Domäne in polymerunterstützten Membranen, um die Rolle der Membranzusammensetzung bei der JAK2-Bindung und der Rezeptordimerisierung aufzuklären.