Unter den modernen Materialien nehmen Verbundsysteme aus Feststoffen und Polymeren eine herausragende Rolle ein. Ihre Materialeigenschaften lassen sich gezielt einstellen und sie ermöglichen technische Innovationen, die traditionellen Einkomponenten-Werkstoffen verschlossen bleiben. Beispiele für absehbare aufregende Entwicklungen sind verbesserte und funktionale Klebstoffe, leichtere und mechanisch belastbarere Kunststoffe, druckbare elektronische Schaltungen, energiesparende organische Leuchtdioden und organische Solarzellen. Vielen solcher neuartigen Anwendungen steht derzeit jedoch ein Mangel an grundlegendem wissenschaftlichem Verständnis von Polymer-Festkörper-Kompositmaterialien entgegen, der eine systematische technologische Entwicklung behindert. Insbesondere die unmittelbare Grenzfläche zwischen Festkörper und Polymerphase sowie die sich daran anschließende Interphase sind weitgehend unverstanden. Die Interphase ist der Bereich des Polymers, der von Grenzflächeneffekten dominiert wird und in dem es seine eigentlichen Eigenschaften noch nicht erreicht. Diese Schicht kann, je nach System und betrachteter Eigenschaft, zwischen wenigen Nanometern und vielen Mikrometern dick sein. Eine Polymer-Interphase hat somit wesentlich größere Abmessungen als eine Grenzschicht in typischen anorganischen Materialien und daher oft einen dominanten Anteil am Materialverhalten. In der Regel ist jedoch weder ihr molekularer Aufbau bekannt noch die lokalen Polymereigenschaften noch die daraus resultierenden Folgen für die technischen Eigenschaften und die Einsetzbarkeit des gesamten Polymer-Festkörper-Verbunds. Ein besseres Verständnis von Grenzfläche und Interphase ist ein neues, dringendes Bedürfnis, da in Kompositen die dispergierten Partikel immer kleiner werden. In Nanokompositen ist der Punkt erreicht, an dem die zwischen den Festkörperpartikeln vorliegenden Polymerphasen so gestört sind, dass sich ihre Eigenschaften wesentlich verändern. Die Situation ist also dadurch gekennzeichnet, dass das Verbundsystem zwar weitestgehend aus Polymermaterial besteht, welches aber so stark beeinflusst ist, dass man es heute weder experimentell charakterisiert noch theoretisch verstanden hat. Diese neuartige wissenschaftliche Herausforderung wird wegen der anstehenden weiteren Miniaturisierung in den kommenden Jahren schnell an Bedeutung gewinnen, auch an technologischer und volkswirtschaftlicher.